1797 bis 1820- 23 Jahre
bitterer Streit im Dorf
Januar 1798:
“Wer Wind sät -” - Das Amt stellt sich gegen die Reiheleute.
Die Entscheidung der Regierung zu Stade vom 15.Januar 1798, den Anbau der 4 weiteren
Neubauer in Schwalingen aufgrund des Widerspruchs der Schwalinger Reiheleute
befristet auszusetzen führt zu eine nochmaligen Verschärfung des Streits zwischen den
Parteien. Unschwer kann man sich vorstellen, wie er die Stimmung im Dorf und in den
Familien bedrückte.
Die 4 weiteren Neubauer zu Schwalingen, denen der Anbau mit der Entscheidung der
Regierung zu Stade untersagt wurde, empfinden diese Entscheidung als ungerecht - sie
schüren den Streit: Sie wehren sich mit einer Anzeige beim Neuenkirchener Amtsvogt
Crome dagegen, dass ihnen ihr Anbauplatz im Dorf verwehrt wird, während die
Schwalinger Reiheleute sich eigenmächtig wesentlich mehr Land aus der Gemeinheit
aneignen und fordern Schadenersatz. Amtsvogt Crome berichtet an das Amt Rotenburg:
"Neuenkirchen, den 22.Januar 1798
... haben sie vorläufig folgende Anzeige gethan, nämlich daß
Peter Christoph Gevers [Halbhof "Eggers"]
im Lamlosen Bruche wenigsten Wiesen-Wachs
90 QRuthen
auf dem Osterfelde an seinem Lande
30 QRuthen
bei den Blöcken
60 QRuthen
Peter Christoph Röhrs [Halbhof "Tönners"]
im Lamlosen Bruche Wiesen-Wachs
60 QRuthen
Christoph Hinrich Wohlberg [Halbhof"Lümas"]
im Oster-Felde Land am Beek-Garten
60 QRuthen
Johann Hinrich Gevers [Halbhof "Hinz"]
Hinter dem Osterfelde am Beek-Garten
60 QRuthen
Stoffer Hoops [Halbhof "Peetz"]
Hinterm Hofe Wiesen-Wachs
60 QRuthen
unerlaubterweise zugeräumt habe ohne dafür Zins zu zahlen und überhaupt nur 2 Einwohner
in ganz Schwalingen davon frei wären, nämlich Claus Hinrich Röhrs [Halbhof Schmeers] und
Hinrich Böhling [Brinkköthner Menken]."
Es ist Mitte des folgenden Monats Februar 1798, als der Rotenburger Ober-Amtmann
Georg Heinrich Hintze die Regierung in Stade über die weitere Entwicklung in
Schwalingen informiert und sein offensichtliches Unverständnis für die von seinen
Vorgesetzten getroffene Entscheidung zum Ausdruck bringt:
"Rotenburg, den 16.Februar 1798
Auf Ihren hohen Befehl haben wir den vier Häuslingen die Befriedung und Bebauung des ihnen
zu Neubauer-Stellen ausgewiesenen Platzes bei dem Dorfe Schwalingen, bis auf weitere
Verfügung [der Regierung zu Stade] untersagt. Sie haben darauf am 26.Januar den Nachteil, der
ihnen aus diesem Verbot erwächst, vorgestellt, um dessen Wiederaufhebung und anderenfalls
um Schadensersatz nachgesucht.
Wir haben aber der Dorfschaft Schwalingen am 31.Januar die Gründe vorgelegt, welche sie
bewegen könnten, diesem Gesuch in Güte nachzugeben. Weil sie sich aber dazu nicht
entschließen will, so bleibt uns nichts weiter übrig, als die Sache Ehrwürdigen Excellenz und
Hochwohlgeborenen Gnaden hoher Entscheidung anheimzustellen."
Ober-Amtmann Hintze erinnert die Regierung zu Stade daran, daß
"die Königliche Kammer die Neubauer-Stellen in Schwalingen nicht aus dem Grunde, weil
genügend Platz in der Gemeinheit besteht, habe ausweisen lassen, sondern, weil sie die
eigenmächtigen Zubrüche, welche die Schwalinger gemacht haben, als ihr zur freien Verfügung
heimgefallen angesehen - mithin sich berechtigt gehalten hat, darüber zum Besten der
vorgedachten Häuslinge zu disponieren".
Zum Ärger der Schwalinger Reiheleute müssen sie die eigenmächtig aus der Gemeinheit
gebrochenen Plätze an den Grundherrn also wieder zurückgegeben, was den Streit weiter
anfacht. Ober-Amtmann Hintze berichtet weiter:
"Bisher haben es nun die Schwalinger nicht gewagt, die eigenmächtigen Zubrüche abzuleugnen,
vielmehr haben sie selbige mit dem Wunsche der Königlichen Regierung, dass unkultivierte
Gründe urbar gemacht werden mögen, zu entschuldigen versucht. Sie würden dessen auch
leicht zu überführen sein. Wir glauben diesen Punkt als erwiesen ansehen zu können und geben
gern zu, dass die alten Einwohner in Schwalingen verlangen könnten, man solle sich an die
verfallenen Stücke selbst halten und diese den Anbauern überlassen. Wir sind aber überzeugt,
dass niemand unter ihnen diesen Wunsch äußern wird, dem auch die Neubauer nicht entgegen
sein würden, indem doch die Zubrüche aus der grünen Weide genommen sind, der zum Anbau
[der 4 weiteren Neubauern] bestimmte Platz aber ein völlig unfruchtbarer Ort ist."
Ober-Amtsmann Hintze empfiehlt der Regierung zu Stade die Entscheidung, den
weiteren 4 Neubauern die Nutzung der Gemeinheit in den Maße zu gestatten, wie es
ihnen als Häuslinge ohne Widerspruch der Schwalinger und der 10 umliegenden
Dorfschaften möglich war. Sollte dann die spätere Teilung der Gemeinheit ergeben, dass
ihr Vieh
"ohne das Vieh der alten Einwohner ungebührlich zu beengen nicht darin geduldet werden
könne, sie aber in diesem Falle die gemeine Weide der Schwalinger meiden und sich mit dem
Weide-Anteil begnügen sollen, der ihnen aus der Gemeinheits-Teilung zufallen wird."
und bittet, das Verbot aufzuheben und die Fortsetzung des Anbaues der 4 weiteren
Neubauer zu gestatten
"sobald das Amt einen von den alten Einwohnern in Schwalingen aus der Gemeinheit
eigenmächtig aufgebrochenen Platz ausfindig machen und selbigen zur gemeinen Weide
zurückgegeben würde."
Aus Erfahrung lässt Amtmann Hintze die Regierung zu Stade auch die Folgen wisse, die
eintreten würden, falls das Verbot nicht wieder aufgehoben, sondern zunächst die
Ergebnisse der Gemeinheits-Teilung abgewartet werden würden:
"Die 4 Häuslinge werden notwendig den Anbau aufzugeben gezwungen sein. Denn wenn der
Anbau bis zur Vollendung der Gemeinheits-Teilung, deren Verhandlungen gerade begonnen
haben, ausgesetzt werden würde, würden die Schwalinger sie gewiss in dem Augenblick liegen
lassen. Jedenfalls werden doch Jahre darüber vergehen, bis sie beendet sein wird, wie der
Anfang, den wir damit gemacht haben und das dazu aufgenommene Protokoll genügend
bezeugt."
Es dauert beinahe 2 Wochen bis die Regierung zu Stade zu einem Beschluss kommt, wie
in der Sache weiter zu verfahren ist - die Argumente von Ober-Amtmann Hintze wiegen
schwer und die Schwalinger Reiheleute sind zu einem Einlenken nicht zu bewegen:
"Stade, den 26.Februar 1798
da einerseits bei den vielen von der Dorfschaft Schwalingen eigenmächtig unternommenen
Zubrüchen aus der Gemeinheit im Grunde ein Überfluss an Weide vorausgesetzt werden kann
und andererseits die Neubauer zu Schwalingen um Schadenersatz nachgesucht haben, tragen
wir keine Bedenken, das Verbot vom 15. vorigen Monats wiederum aufzuheben und den
Neubauer die Bebauung der ihnen angewiesenen Neubauerplätze und die fernere Eintreibung
ihres Viehs in die gemeine Weide mit dem Vorbehalt der Hauptsache bis nach geendigter
Gemeinheitsteilung hierdurch zu gestatten."
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Aus alten Akten
des Heidesdorfes Schwalingen
A A A