2016
1797 bis 1820- 23 Jahre bitterer Streit im Dorf
1818 bis 1820:   “Nichts ändert sich” - kein gleiches Recht für alle. Mehr als 2 Jahre später, im Juli 1818, richten die im Jahre 1797 in Schwalingen angesetzten 3 Neubauer erneut ein Gesuch an die Regierung zu Stade: Ihre Lage hat sich in keiner Weise gebessert, ihnen ist nicht zu ihrem Recht verholfen worden, der Streit mit den Schwalinger Reiheleute geht unvermindert und handgreiflich weiter. Inzwischen ist an die Stelle von Jürgen Ernst als Neubauer sein 28jähriger Schwiegersohn Johann Peter Behnemann getreten, der im Jahre 1811 die älteste Tochter und Anerbin von Jürgen Ernst, Clara Anne Margarethe, geheiratet hat. Am 22.Juli 1818 beschreiben also die Schwalinger Neubauern Johann Peter Behnemann, Peter Christoph von Fintel und Hinrich Christoph Hoops der Regierung zu Stade erneut ihre unverändert beklagenswerte Lage in Schwalingen: "Da wir bei unseren Herrschaftlichen Neubauer-Stellen noch keine andern Ländereien als den Haushof besitzen, so haben wir früherhin wegen Ausweisung von etwas Feld und Wiesenwuchs in der Gemeinheit der Dorfschaft Schwalingen bei Euer Excellenz Hochwohl und Wohlgeboren ganz unterthänigst nachgesucht.... die Sache ist gänzlich liegen geblieben. Da wir nun so gern etwas Feld und Wiesenland um das benöthigte Brotkorn und Futter fürs Vieh erzielen zu können, zu haben wünschen und die Sache umso mehr dringender wird, indem die Höfner ganze Strecken von Heide, Weide und Moor unter sich teilen und uns nichts zukommen lassen, ja sogar die uns vor einigen Jahren vom Herrn Amtsvogt Brückmann zu Neuenkirchen ausgewiesenen Flachshöfe wofür wir den allergnädigsten Herrschaften den Zins entrichten und in Graben genommen haben, demoliert haben, so sehen wir uns veranlasst von neuem Eure Excellenz, Hochwohl und Wohlgeborenen mit der unterthänigsten Bitte anzugehen..." Und erneut stellen die 3 Neubauer dar, dass sie nicht mehr und nichts weniger von der Regierung zu Stade "baldmöglichst" erbitten, als das, was Ihnen bei ihrer Bemeierung als Neubauer in Schwalingen von der Obrigkeit zugesagt wurde. Offenbar geschieht daraufhin wieder ... nichts. Wieder vergehen nahezu 2 Jahre. Die Lage der 3 Neubauer in Schwalingen scheint verzweifelt, als sie nochmals den Entschluss fassen, sich um Hilfe an die Regierung zu Stade zu wenden - Hinrich Christoph Hoops, Peter Christoph von Fintel und Jürgen Ernst schreiben: "Schwalingen den 3.März 1820 Unterthänigstes Gesuch um die Neubauer-Länderei zu erhalten, wie sie uns im 1798 versprochen sind, für drei Neubauer Hinrich Christoph Hoops, Peter Christoph von Fintel und Jürgen Ernst zu Schwalingen im Amte Rotenburg. Ehrwürdige Excellenzen und Hochwohlgeborenen flehen wir drei armen unterdrückten Neubauer in tiefster Demuth an, uns mit unserem Vortrag nicht zu verstoßen, sondern mit Landesväterlicher Geduld anzuhören. Im Jahre 1798 wurde uns eine Neubauerstelle ausgewiesen in einer schlechten Gegend. Bald darauf ließ unsere Gemeinde Flachshöfe ausweisen in der besten Weide an einem großen Wasserfluss wo sie die besten Wiesen von gemacht haben. Wir empfingen auch einen Befehl von weiland Herr Justiz-Rath Hintze an unseren Amtsvoigt uns auch jeder einen Ort auszuweisen. Sie wurden ausgewiesen, wir haben sie verweinkauft [die Antrittssteuer bezahlt], wir haben jährliche Grundzinsen dafür bezahlen müssen, aber wir können die Orte selbst nicht erreichen. Wenn wir sie in Befriedung bringen, so reißt die Gemeinde alles wieder um. Wenn wir sie verklagen, so geben sie vor, wir seien Häuslinge. Weil diese gegenwärtigen Beamte uns nicht zu Neubauer gesetzt haben und von der Sache nichts wissen, so empfingen wir zur Antwort, wir müssen nach der Regierung schreiben. Wir schrieben vor 2 bis 3 Jahren nach der Regierung. Wir erhielten keine Antwort. Unsere alten Neubauer die haben Wiesen und Land und wir nichts. Uns wird von der Orbigkeit auferlegt, so viel [an Steuern] zu bezahlen wie die alten Neubauer, aber wir drei können doch an Ländereien doch nichts erhalten. Im Jahre 1816 hatte die Regierung den Guten Edlen Herrn Drosten von Uslar zum Commissarius eingesetzt. Der gab sich viel Mühe in unserer Sache, suchte die alten Akten auf und fand darinnen, was wir gesagt haben, wäre die Wahrheit, was die Gemeinde sagte, wäre Lüge. Wenn er einen Termin ansetzte, so machten sie allerhand Einwendungen und schoben die Sache immer auf, bis er endlich versetzt wurde und die Sache nicht beendet wurde. Unter der Gemeinde sind welche vorhanden, die in einem Jahre ganze Wiesen eigenmächtig nehmen, die über 100 Thaler wert sind. Sie teilen sich Heide und Orte untereinander eigenmächtig und schoben sie immer ab [machten sie urbar]." Und noch einmal bitten die 3 Schwalinger Neubauer die Regierung zu Stade, das Amt Rotenburg zu beauftragen, ihnen ihre obrigkeitlich versprochenen Ländereien in der Schwalinger Gemeinheit auszuweisen oder ihr Anliegen durch einen unparteiischen Commissarius untersuchen und klären zu lassen. Nun fällt der Regierung zu Stade auf, dass der bereits vor 4 Jahren, im Mai 1816, vom Amt Rotenburg in dieser Sache angeforderte Bericht bisher dort nicht eingelaufen ist ! Am 7.April 1798 wird erneut der Bericht angefordert und eine Frist dafür von 4 Wochen gesetzt. Der Rotenburger Amtmann Johann Ludolph Bansen nutzt die ihm für den Bericht gesetzt Frist nahezu vollständig aus und nimmt in der Sache der 3 klagenden Schwalinger Neubauer am 4.Mai 1798 gegenüber der vorgesetzten Regierung zu Stade Stellung: "Im Jahre 1806 wurde den Antragstellern, welche im Jahre 1798 als Neubauer angesetzt worden waren, jedem 60 bis 70 Quadratruthen [1300-1500 m2, etwa 1/2 Morgen] zu Wiesenbau, teils an Böhlings Wiese, teils am sogenannten Pingsthorn und im Siecke [im äußersten Westen der Schwalinger Gemeinheit, fast 3 Kilometer von ihren Hofstellen] von Amts wegen ausgewiesen. Seither wird den Antragstellern dafür ein jährlicher Meierzins von 2 Gutegroschen berechnet und auch seit dem alle Jahre von ihnen wirklich bezahlt. Während der französischen Beatzungszeit haben die Antragsteller nun zwar die Urbarmachung der ihnen ausgewiesenen Wiesenplätze unterlassen. Als sie jedoch im Jahre 1816 damit den Anfang machen, die Wiesen mit einem Graben umgeben und in Kultur setzen wollen, haben die Einwohner zu Schwalingen solches nicht zulassen wollen und die bereits gezogenen Graben wieder zugeworfen und auch die Schaufeln abgepfändet. Nach unserem Dafürhalten ist den Antragstellern der Besitz dieser ihnen im Jahre 1806 ausgewiesenen Wieseplätze zu schützen, die aus der Gemeinheit hinlänglich entbehrt werden können. Wir tragen daher darauf an, solches hochgeneigt zu genehmigen, um sodann den Einwohnern zu Schwalingen das Entsprechende hierzu verdeutlichen zu können." Die Entscheidung der Regierung zu Stade mit der Anweisung, wie in der Sache der Schwalinger Neubauer zu verfahren ist, trifft eine Woche später im Amt Rotenburg ein: "Stade, den 9.Mai 1820 ... so wird das dortige Amt die nach den Umständen erforderlichen Verfügungen treffen, damit die Antragsteller ungehindert zur Befriedung und Urbarmachung der ihnen ausgewiesenen Plätze gelangen. Die Dorfschaft Schwalingen wird der Landausweisung einen begründeten Widerspruch umso weniger entgegenstellen können, da die bei der hiesigen Regierung im Jahre 1797 und 1798 wegen den Häuslingen Hinrich Christoph Hoops, Peter Christoph von Fintel und Peter Christoph Wohlberg vorliegenden Akten ergeben, dass selbiger schon damals ihre Beschwerde über Beschränkung ihrer Hut und Weide durch Ausweisung der 4 Anbauplätze hauptsächlich aus dem Grunde zurückgewiesen wurde, weil durch deren eigenmächtige Zubrüche der gemeinen Weide beträchtlich mehr Land entzogen war, als jenen Häuslingen ausgewiesen wurde." Die Regierung zu Stade betont abschließend, dass den 3 klagenden Anbauern bis zum Abschluss der Gemeinheits-Teilung nur gestattet werden soll, "so viel Vieh in die Gemeinheit zu treiben, wie sie schon früher als Häuslinge gehalten und in derselben geweidet hatten". Dem Antrag "der drei letzten Neubauer zu Schwalingen, daß ihnen so viel an Ländereien eingeräumt werden möge, wie den übrigen älteren Schwalinger Neubauern zu seiner Zeit bewilligt ist, kann aber vor Regulierung der Aufhebung der Schwalinger Gemeinheit nicht stattgegeben werden. Wir überlassen es dem Amte Rotenburg danach beiden Teilen das Nöthige zu eröffnen und wegen Vollstreckung der im Jahre 1806 verfügten Landausweisung aus der Schwalinger Gemeinheit das Erforderliche zu verfügen."
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Aus alten Akten  des Heidesdorfes Schwalingen
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