1797 bis 1820- 23 Jahre
bitterer Streit im Dorf
Oktober bis Dezember 1797:
“Nun ist Schluss” - der Streit beginnt.
Trotz des heftigen Widerstandes der Schwalinger Eingesessenen weist Amtsvogt Crome
den 4 Interessenten ihre Hausplätze am nördlichen Dorfrand, am "Moorflath" zum
Anbau an. Er berichtet an das Amt Rotenburg:
"Neuenkirchen, den 22ten October 1797
Die Häuslinge denen ich zu Schwalingen Plätze zum Anbau angewiesen sind:
1. Hinrich Christoph Hoops, auch Schulmeister
2. Peter Christoph von Fintel,
3. Peter Möhrmann und
4. Peter Christoph Wohlberg
Jeder von ihnen hat an der Nord-Seite des Dorfes, hinter den Neubauern Harm Reinecken
["Harm"-Hof"] und Hinr.Christoph Röhrs ["Neebuur"-Hof], einen Platz von 60Quadratruthen
[etwa 1/2 Morgen] erhalten;
Dieser Ort ist der Dorfschaft übrigens wenig oder nichts nütze, da er aus einem Sumpf und
einigen hohen Heid-Ufern besteht und von den Empfängern mit saurer Arbeit wird zurecht
gemacht werden müssen.
In Tewel hoffe ich auch noch auf diese Art ein halbes Dutzend Neubauer anzubringen. Die Lust
anzubauen wird auf ein Mahl unter den Häuslingen außerordentlich groß!
J.A.Crome"
Doch die Schwalinger Eingesessen nehmen das nicht hin und wenden sich nun mit einer
förmlichen Beschwerde an die Obrigkeit. Bei der für sie zuständigen Instanz, dem Amt
Rotenburg, finden sie allerdings für ihr Anliegen nicht die erhoffte Unterstützung. Daher
wenden sie sich unmittelbar an die
"Königlich Großbrittannische und Churfürstlich Braunschweig Lüneburg zur Regierung der
Herzogthümer Bremen und Verden Hochverordneten Herren Geheimer-Rath und Regierungs-
Räthe" zu Stade.
Schwalingen, 10.Dezember 1797
" Wir sämtlichen Eingesessenen zu Schwalingen tragen in aller unterthänigster Demut vor, wie
wir in einem Zeitraum von 10 Jahren an unserem Dorfe schon 4 Neubauer erhalten haben und
gegenwärtig aber noch weitere 4 Neubauer zu unserer Bedrückung haben sollen, denen auch
bereits von dem Herren Amtsvogt Crome zu Neuenkirchen ihre Plätze zum Anbau angewiesen
sind.
Ganz feste sind wir überzeugt, dass es aus folgenden Gründen uns eine Unmöglichkeit ist,
diesen auf unseren gänzlichen Ruin abzielenden Anbau zu gestatten: "
Die Schwalingen stellen ausführlich dar, dass sie sich die "Heyde und Weyde" der
Gemeinheit derzeit mit den in geringer Entfernung umliegenden Nachbardörfer teilen.
Sie sind sicher, dass bei einer Untersuchung durch Sachverständige festgestellt werden
würde, dass bei der Nutzung der Gemeinheit durch all diese Dörfern (Sprengel, Lieste,
Königshof, Schülernbrockhof, Lünzenbrockhof, Lünzen, Grauen, Tewel, Brochdorf,
Delmsen, Kempen) und ihnen, den 22 an der Gemeinheitsnutzung berechtigten
Schwalinger Reiheleuten, der Anbau von 4 weiteren Gemeinheitsberechtigten Anbauern
nicht gestattet werden könnte.
Bis das Ergebnis dieser Untersuchung vorliegt, ob genügend "Huth und Wyde" in der
Gemeinheit vorhanden ist, bitten die Schwalinger Eingesessenen die Regierung zu Stade,
den Anbau der 4 Interessenten in ihrem Dorf als Neubauern zu untersagen -
" so begründet diese unsere demütige Vorstellung ist, so zuversichtlich hoffen wir eine gnädige
Erhörung unserer flehentlichen Bitte und in diesem festen Vertrauen beharren wir unter
tiefster Verehrung.
Ehrwürdige Excellenz und Hochwohlgebohrene Gnaden unsere Gnädigen Herren
allerunterthänigst demütigen Knechte die sämtliche Eingesessenen zu Schwalingen."
Schon 3 Tage später fordert die Regierung zu Stade in der Sache der Schwalinger
Eingesessenen vom Amt Rotenburg einen Bericht an, den Ober-Amtmann Georg
Heinrich Hintze umgehend erstattet:
"Rotenburg, den 21.Dezember 1797
... statt eines Berichtes über die Beschwerde der Einwohner in Schwalingen, daß vier Neubauer
in ihrer Gemeinheit angesetzt werden sollen, überreichen wir hierbei in Unterthänigkeit die
wegen dieser Anbauung bisher verhandelten Acten aus welchen wir unterthänigst bemerken,
daß die angenommenen Neubauern seit sieben Jahren als Häuslinge in Schwalingen gewohnt
haben und daß also ihr Vieh ebenso lange in die Weide getrieben sei, ohne daß jemand über
deren Beengung geklagt habe..."
Ober-Amtmann Hintze macht die Regierung in Stade weiter darauf aufmerksam, dass die
Beschwerde der Schwalinger über den Abgang der 4 Hausplätze für die angesetzten
Neubauer unbegründet scheint, weil es sich dabei lediglich um "einen in seiner jetzigen
Beschaffenheit gänzlich unbrauchbaren Platz" von insgesamt 2 Calenberger Morgen,
etwa 1/2 Hektar, handelt, während die Schwalinger Reiheleute doch, außer zur Weide
ihres Viehs in der Schwalinger Gemeinheit auch "zur Mitweide in den Gemeinheiten von 10
um sie her liegenden Dorfschaften berechtigt sind, wie sie in ihrer Vorstellung selbst gestehen".
Mit Datum vom 29.Dezember 1797 erhält Ober-Amtmann Hintze in Rotenburg die
Entscheidung und Anweisung der Stader Regierung in der Sache der Schwalinger
Eingesessenen:
" wir haben über die Ansetzung der 4 Neubauern zu Schwalingen verhandelt und aus den Akten
ersehen, dass einerseits der den Neubauer ausgewiesene Raum von 2 Calenberger Morgen für
die Gemeinheit von wenigem Belange ist, andererseits aber mehr Land aus der Gemeinheit von
den alten Eingesessenen zu Schwalingen aufgebrochen und der gemeinen Weide entzogen
worden ist, so dass unter diesen Umständen die Klage der Dorfschaft allerdings keine Rücksicht
verdient, sofern den ausgewiesenen Neubauer nicht gestattet wird, mehr Vieh in die gemeine
Weide zu treiben, als sie bisher schon als Häuslinge gehalten und ohne Widerspruch in der
Gemeinheit gegen Entrichtung eines Grasgeldes geweidet haben."
Eine Abschrift ihrer "Resolution" übersendet die Regierung zu Stade den Schwalinger
Eingesessenen und teilt ihnen durch den Amtsvogt Crome als Entscheidung mit, "dass sie
mit der übergebenen Beschwerde ab und zur Ruhe verwiesen werden."
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Aus alten Akten
des Heidesdorfes Schwalingen
A A A