1858 - Die Petitionen des Heinrich Ehlers aus Schwalingen.
Es ist der 31.Mai 1858. Die Erste Cammer der Hannoverschen
Ständeversammlung, dem Parlament des Königreiches Hannover, tagt im
Leineschloss zu Hannover. Der Landrath von Trampe präsidiert. Er verfährt nach
der Tagesordnung und ruft schließlich den Punkt "Petitionen" auf:
Eine Petition des Heinrich Ehlers aus Schwalingen ist eingegangen. Sie ist
unverständlichen Inhalts und wird dem Petitionsausschuss überwiesen.
Fünf Monate später, am 5.Novermber 1858, tagt die Erste Hannoversche
Cammer in ihrer 101.Sitzung des Jahres. Unter dem Tagesordnungspunkt
"Petitionen" werden verschiedene Petitonen abgehandelt und unter Punkt 4
aufgerufen:
"Vorstellungen des Heinrich Ehlers aus Schwalingen, Amts
Schneverdingen".
Der Berichterstatter trägt vor:
Endlich liegen ihm noch zwei Eingaben eines gewissen Heinrich Ehlers aus Schwalingen, Amts Schneverdingen, vor. Bei
Eingang der ersten habe bereits der Herr Präsident den Inhalt als unverständlich angekündigt. Wahrscheinlich werde das der Einsender
in der Zeitung gelesen haben und habe darauf noch eine zweite Eingabe, wie die erste, an die Ständeversammlung Zweiter Cammer
gerichtet.
In der Commission sei es nun nicht gelungen, die eine oder die andere zu entziffern und der Berichterstatter befinde sich deshalb
auch außer Stande über dieselbe zu referieren. Es bleibe ihm daher nichts weiter übrig, als den Inhalt derselben zu verlesen, ob nicht
vielleicht einer der Herren einigen Sinn in denselben zu befinden vermöge.
(Nun verliest der Berichterstatter unter allgemeiner Heiterkeit des Hauses beide Eingaben)
Aus beiden sei, wie das hohe Haus sich überzeuge, nicht klug zu werden. Nur soviel scheine ihm aus denselben hervorzugehen,
daß der Einsender mit der jetzigen Regierung nicht zufrieden sei. Derselbe habe jedoch unterlassen, irgend welche Thatsachen
anzuführn, welche einer Unzufriedenheit zu Grunde liegen, oder auch nur eine bestimmte Bitte auszusprechen.
Er spreche nur viel von einem Schwerte der Gerechtigkeit, welches zu seinem Nachtheil gehandhabt worden sei, und wünsche,
daß an die Stelle der jetzigen Regierung eine göttliche treten möge.
Ob er aber darutner eine absolute oder eine solche verstehe, unter welcher jeder thun und lassen könne, was ihm beliebe, sei
nicht klar.
In der Commission sei beschlossen:
wegen Unverständlichkeit des Inhalts den Übergang zur Tagesordnung
zu beantragen. Der Berichterstatter empfehle diesen Antrag, obwohl er befürchte, daß, wenn der Einsender dieses Schicksal
seiner Vorstellung erfahre, noch ein dritte ähnliche hier einlaufen werde.
Oberappelationsrath Graf Knypphausen meldet sich zu Wort: Seiner Ansicht nach seien diese Eingaben schon formell
unzulässig, da sie an eine "Ständeversammlung Zweiter Cammer" gerichtet seien, welche garnicht existiere. (Das ist eine sehr
spitzfindige Anmerkung des Grafen, denn natürlich gibt es eine eine solche, nur heißt sie richtig "Zweite Cammer der
Ständeversammlung" - sie ist der Staatsrat des Königreiches Hannover.)
Der Berichterstatter behält recht mit seiner Einschätzung des Heinrich Ehlers aus Schwalingen - der ist hartnäckig und hat
seinen eigenen Kopf. Aber er lernt auch dazu:
Am 10.Februar 1860 tagt die Zweite Cammer der Hannoverschen Ständeversammlung in seiner 12.Sitzung des Jahres. Unter
dem Tagesordnungspunkt "Petitionen" werden 7 Vorstellungen angekündigt, unter No.6 eine "anderweite Petition des Hinrich Ehlers zu
Schwalingen, verschiedenen Inhalts"...
Die angekündigten Petitionen werden in dieser Sitzung der Zweiten Cammer nicht mehr behandelt. Und über das Schicksal der
dritten Petition des Heinrich Ehlers zu Schwalingen sind keine Nachrichten überliefert...
Trotz vieler Bemühungen ist es bisher nicht gelungen, mehr über diesen Schwalinger Heinrich Ehlers herauszufinden.
(nachzulesen im Hannoverschen Landtagsblatt von 1858)
Aus alten Akten
des Heidedorfes Schwalingen
Das Palais und das neue “Leineschloss” in Hannover,
der Sitz der Ständeversammlung, 1858.
A A A