1869 und 1875 - Neubauer “Ramaker” vom Unglück getroffen.
Durch die Schwalinger Gemeinheitsteilung Mitte des 19.Jahrhunderts vergrößert sich der
Grundbesitz der Neubauerstelle von Johann Peter Behnemann erheblich. Die Gebäude seiner bisherigen
Hofstelle (Schwalingen No.27), schon 1797 von seinem Schwiegervater Jürgen Ernst gegründet, sind zu
klein für den nun kräftig wachsenden Wirtschaftsbetrieb.
Die Gründung.
Johann Peter Behnemann beschließt um 1846, gleich nebenan eine neue größere Hofstelle zu errichten, Schwalingen No.28. Die
Neubauerqualität wird auf die neue Hofstelle übertragen. Die Schwalinger geben ihr später den Namen "Ramaker". Seine alte
Hofstelle verkauft Johann Peter Behnemann als Anbauerstelle an Hinrich Christoph Eitzmann, dessen
Vater ist Anbauer auf dem "Scheper-Hof" zu Schwalingen No.41.
Aber der Familie Behnemann ist keine lange Zeit auf ihrer neuen Hofstelle "Ramaker" beschieden.
Im Jahre 1849 stirbt die 3.Ehefrau von Johann Peter Behnemann, Cathrine Margarethe geborene
Inselmann, er ist 59 Jahre alt. 4 Jahre später, im Jahre 1853, stirbt auch sein Sohn und Anerbe Peter
Hinrich Christopher Behnemann im Alter von 38 Jahren.
Johann Peter Behnemann, nun verwitwet und ohne Anerben, wirtschaftet noch weitere 10 Jahre
auf seiner Neubauerstelle. Dann, Anfang der 1860er Jahre verkauft er seinen Besitz und setzt sich mit 70
Jahren zur Ruhe.
Neuer Besitzer der keine 20 Jahre alten Neubauerstelle "Ramaker" ist nun Peter Böhling.
Einzelheiten sind über ihn bisher nicht bekannt, aber er dürfte wohl zur großen Familie der Böhlings in
Schwalingen gehören und so auch mit den Böhlings auf der der Schwalinger Brinkköthnerstelle "Menken"
verwandt sein.
Das erste Unglück.
Am Abend des 18.Mai 1869, es ist der 2.Pfingsttag, macht sich Peter Böhling mit seinem Pferdegespann auf den Weg um
einer Arbeit nachzugehen, die ihn bis zum Abend des folgenden Tages weit entfernt von Schwalingen beschäftigt. Als er zurückkehrt, ist
von Wohnhaus und Scheune, den beiden Gebäuden seiner Hofstelle nur noch ein qualmender Aschehaufen übrig. Sie sind nach einem
Blitzeinschlag vollständig niedergebrannt. Einige seiner beweglichen Sachen sind durch nachbarliche Hilfe gerettet, aber vieles ist
verbrannt.
Zwei Feuerspritzen eilten nach Schwalingen, um den Brand auf der Hofstelle von Peter Böhling zu bekämpfen. Zuerst traf die
Feuerspritze aus dem Nachbardorf Tewel ein, mit 2 Pferden und 4 Mann. Danach erschien die Feuerspritze aus dem Kirchdorf
Neuenkirchen an der Brandstätte, mit 4 Pferden und einem Löschtrupp von 14 Mann.
Von seinem Nachbarn Hans Hinrich Ratjen, dem Anbauer auf der Hofstelle No.22 "Schoolhus"
erfährt Peter Böhling Näheres über der Ablauf des Unglücks: " Am 19.Mai um die Mittagszeit stand über
Schwalingen ein Gewitter, welches mehrmals geblitz und gedonnert hat." So berichtet Hans Hinrich Ratjen.
" Wir haben nun freilich nicht selbst wahrgenommen, dass die Scheune auf dem "Ramaker"-Hof durch
einen Blitzstrahl getroffen und entzündet ist, aber ganz Schwalingen glaubt nicht anders, als daß auf solche
Weise der Brand entstanden ist. In der abgebrannten Scheune stand kein Vieh und auch kein Futter war
dort gelagert. Bei dem Brand ist niemand verletzt worden."
"Ich selbst war einer der ersten auf der Brandstätte gewesen" berichtet Hans Hinrich Ratjen weiter. "Als ich dahin kam,
brannten die Balken unter dem Ziegeldach der Scheune und zwar anscheinend auf dem ganzen Boden herum. Von da ergriff der Brand
sehr bald das Wohnhaus und nahm dann seinen weiteren Verlauf".
Und noch eine Augenzeugin berichtet ihre Beobachtungen, Margarethe Sophia Küsel, 31 Jahre alt, gebürtig aus Ilhorn. Sie ist
Dienstmagd auf dem Halbhof "Schwieten" von Hans Hinrich Böttcher zu Schwalingen No.14. "Ich habe am 19.Mai auf dem Moore
meiner Herrschaft gearbeitet, welches etwa ½ Stunde Weges von Schwalingen entfernt liegt" beginnt
Margarethe Sophia Küsel ihren Bericht und fährt fort "Um die Mittagszeit zog, wie ich gesehen habe, ein
Gewitter über Schwalingen weg und ferner habe ich gesehen, daß aus dem Gewölk ein Blitzstrahl
niederfuhr und zwar, wir ich nicht anders wahrgenommen, mitten in das Dorf Schwalingen hinein. Dem
Blitzschlag folgte sofort der Donner. Ganz kurze Zeit nachher begab ich mich auf den Heimweg und erfuhr
da, als ich Zuhause angelangt war, daß des Neubauers Peter Böhling Haus brenne. Ich bin der festen
Überzeugung, dass jener vorhin erwähnte Blitzstrahl das Böhlingsche Gebäude getroffen und entzündet hat".
Peter Böhling hat seine Gebäude bei der Bremen-Verdenschen Brandcasse mit einem Wert von
1150 Thalern versichert. Sein Inventar ist unversichert. Die Brand-Sachverständigen Zimmerermeister Johann Christoph Baden aus
Brochdorf und der Maurermeister Christan Maak aus Schwalingen untersuchen den Brandschaden und kommen zu dem Schluß, daß
von dem Wohnhaus nur noch das Fundament einen Wert hat und einige der stehen gebliebenen Teile der Scheune, insgesamt 75 Thaler.
Der Schwalinger Gemeindevorsteher von Fintel , "Höker-Hof" zu Schwalingen No.17, bestätigt die Angaben von Peter Böhling
zu seiner Abwesenheit am Brandtage. Es besteht auch keinerlei Anlass zum Verdacht einer böswilligen Brandstiftung. So wird der
Versicherungsschutz anerkannt und Peter Böhling die Auszahlung der restlichen Versicherungssumme von 1075 Thalern in Aussicht
gestellt.
Schon in den nächsten Monaten nach dem Unglück lässt Peter Böhling auf seiner Hofstelle "Ramaker" ein Wohnhaus und eine
Scheune neu errichten. Das neue Wohnhaus versichert er zu 1100 Thaler, die neue Scheune zu 200 Thaler bei der Bremen-Verdenschen
Brandcasse.
Aber es vergehen nur wenige Jahre, bis ein neues Unglück die Hofstelle trifft…
Das zweite Unglück.
Es wieder Sommer in Schwalingen, der 9.Juli 1875. Die Neubauerstelle "Ramaker" gehört nicht
mehr Peter Böhling. Gerade 2 Monate zuvor, im April des Jahres 1875, hat er sie an Christian Lünsmann
verkauft. Der neue Besitzer ist 49 Jahre alt und nachgeborener Sohn des Halbhöfners Johann Hinrich
Lünsmann zu Hemslingen. Nach Schwalingen kam Christian Lünsmann durch seine Heirat im Jahre 1848
mit der verwitweten Anne Engel Marie geborene Gebers, einer Haustochter vom Schwalinger Halbhof
"Eggers". Ihr gemeinsamer Sohn und Anerbe Johann Hinrich ist nun, im Sommer 1875, 25 Jahre alt und
von Beruf Maurer.
Und wieder, wie schon im Mai sechs Jahre zuvor, geht über Schwalingen ein schweres Gewitter
nieder. Die Nachbarn beobachten den Blitzeinschlag im Wohnhaus der Neubauerstelle "Ramaker". Die
zu Hilfe eilenden Feuerwehren aus Tewel (2 Pferde zum Transport der Spritze und 4 Spritzenleute) und
aus dem Kirchdorf Neuenkirchen (8 Pferde zum Transport der Spritze und des Wasserwagens sowie 4
Spritzenleute) können nicht verhindern, dass das noch fast neue Wohnhaus der Hofstelle nahezu
vollständig ein Raub der Flammen wird. Die Brand-Sachverständigen, Zimmerermeister Stöckmann
und Maurermeister Ehrhorn, beide aus Neuenkirchen, stellen fest, dass es durch Feuer und
Löscharbeiten zu 11/12 zerstört ist.
Die Brandursache ist eindeutig, der Schaden wird von der Bremen-Verdenschen
Brandcasse anerkannt. Schon Ende Juli 1875 erhält Christian Lünsmann die Entschädigungs-
summe von 1100 Thalern, ausgezahlt in 3025 Reichsmark. Damit errichtet er sein neues
Wohnhaus, das dritte an diesem Platz innerhalb von nur 30 Jahren.
Aus alten Akten
des Heidedorfes Schwalingen
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